Wenn ihr die Spezies des „hippen Spiessers“ verstehen möchtet, dann solltet ihr lernen, Independentmusik zu verstehen. Denn der „hippe Spiesser“ hasst alles, was auch nur von weitem nach Mainstream riecht. Er ist verzweifelt bemüht, Dinge zu finden, die authentisch und einzigartig klingen. Kurzum: Etwas, auf das er seine Erfahrungen projizieren kann und von diesem Etwas auch widergespiegelt wird.
Zu seinem Glück hat er dafür die Independentmusik.
In seinem iPod (vormals CD-Sammlung) befindet sich nicht nur bloss eine Ansammlung von Liedern, die er gerne hört. Nein, es ist etwas, das ihn als Person auszeichnet; etwas in das seine Existenz begründet liegt. So ist er zwangsläufig permanent auf der Suche nach „dem letzten Schrei“, den noch keiner kennt, und eines Tages wird er euch zeigen können, dass er instinktiv Recht hatte und rechtzeitig Fan einer Gruppe wurde, BEVOR sie in einem Apple-TV-Spot auftauchte. Für diese Spezies ist es von fundamentaler Wichtigkeit, Fan einer Gruppe zu sein, bevor sie populär wird. Dies kommt für ihn einer Erfüllung gleich; es ist seine raison d’etre: Denn er kann es ewig seinen Freunden unter die Nase reiben.
Trotzdem muss ich euch warnen: Über Independentmusik zu reden kann zu einem überaus heiklen Thema werden. Eine falsche Bemerkung und ihr habt den Respekt und die Bewunderung des hippen Spiessers auf immer und ewig verloren!
Der Kürze halber führe ich hier ein paar Grundregeln auf:
1. Bands, die einmal einen Song in einem Apple-TV-Spot hatten, sind gerade noch akzeptabel
2. Bands, die einmal einen Song in TV-Spots anderer Firmen hatten, sind nicht mehr akzeptabel
3. Wenn Du über eine Band sprichst, die dir gefällt, und die der Andere bereits kennt, dann hast Du verloren. Es ist notwendig, die absolut abgefahrenste Musik unter dieser Sonne zu mögen.
Auf gar keinen Fall dürft ihr vergessen, dass Bands innerhalb von Sekunden wieder als unhörbar abgestempelt werden können (Ryan Adams, Bright Eyes, The Strokes). Statt „ich liebe Arcade Fire“, ist es besser zu sagen: „Ich denke, dass die kanadische Musikszene die Beste der Welt ist“. Oder „ohne Stereogum* oder Fluxblog wäre ich tot“ und „Joanna Newson ist vielleicht die schimmerndste Gestalt der heutigen Musikszene“.
* Auf gar keinen Fall dürft ihr Pitchfork mit Stereogum verwechseln. Pitchfork war einst cool; seit kurzer Zeit nicht mehr.
(Dies ist ein Gastbeitrag von „Stuff White People Like“. Alle Rechte liegen bei denen.)